Elsi Wepf, Redaktorin der Monats-Zeitschrift „Schweizer Garten“ publizierte im April 2010 einen reich bebilderten Artikel über meinen damaligen Garten. Nicht nur der Text, auch die schönen Fotos stammen von ihr. Nur dank diesem Artikel bleibt die Erinnerung an einen Garten noch erhalten, der nicht mehr existiert.
Der neue Besitzer liess den ehemaligen Teich mit Bauschutt ausfüllen und die meisten Pflanzen entfernen. Die frei gewordene Fläche wurde mit künstlichem Plastikrasen überdeckt. So bereitet dem Hausherr der Garten keine lästige Arbeit mehr und er braucht nicht zu befürchten, dass sein Nachwuchs (im ehemaligen, 50 cm tiefen Teich) ertrinken (!) könnte. Statt mit Blumen, ist der Gart nun farbenfroh geschmückt durch zahllose herumliegende Spielsachen und bereichert mit einem romantischen Plastik-Haus für Kinder.
So beschreibt die Journalistin Elsi Wepf meinen ehemaligen Garten:
HAUSBEGRÜNUNG – BLÜTEN UND BLÄTTERKLEID
DER TESSINER GARTENGESTALTER IVAN RUPERTI, BEKANNT AUCH FÜR SEINE EXQUISITEN GARTENREISEN, HAT RUND UM SEIN HAUS IN GRAVESANO EIN KLEINES PFLANZENPARADIES GESCHAFFEN, IN WELCHEM ÖDE FLACHDÄCHER IN EINEN NUTZGARTEN UND ERHOLUNGS-RAUM VERWANDELT WURDEN.
Glyzinen in Weiss, Rosa oder Blau erobern filigrane Klettergerüste und sorgen für romantische Blütenkaskaden. Wilder Wein verpasst der Hausfassade ein grünes, üppiges Blätterkleid. Kletterpflanzen kommen mit wenig Bodenfläche aus, können aber viele Quadratmeter in eine blühende Oase verwandeln.
Ivàn Ruperti bewohnt das Eckhaus der modernen Überbauung. Das Grundstück samt Haus erstreckt sich auf 250 m2. Ein Lift verbindet die drei Stockwerke. Im Erdgeschoss befindet sich die Küche und in den beiden oberen Etagen je ein geräumiger Sanitärraum.
Die Südwände der Zimmer sind von oben bis unten verglast. Im Parterre öffnen sich die Glastüren zum dreieckigen Garten mit Sitzplatz und Koiteich. Bei der Neugestaltung musste die breite Kirschlorbeerhecke entlang der Strasse einem platzsparenden Drahtzaun weichen. Neun kleine Zypressen, die am früheren Wohnort in Kübeln wuchsen, bilden nun an der Gartengrenze eine mannshohe Säulengalerie.
Ein Koiteich ersetzt den vertrockneten Rasen. Die farbenfrohen Fische wurden aus dem vorherigen Garte gezügelt. Eine Umwälzpumpe und ein Bachlauf gewährleisten gute Wasserqualität. Im Kiesbett des Bachlaufes sind die Gesichter von Gartengeistern und Meerjungfrauen ein Blickfang. Ivàn Ruperti: «Einem Garten ohne Teich fehlt die Seele.»
An den Zaun pflanzte er zwei weisse und zwei gelb blühende „Rosa banksiae var. lutea“. Schnell umgarnten sie das ganze Drahtgeflecht und verwandelten es in eine blühende Wand. Im Tessin gedeiht diese aus China stammende, dornenlose und im Prinzip immergrüne Rose prächtig. Für eine Verwendung nördlich der Alpen hingegen kann Ruperti die Banks-Rose, weniger empfehlen. Die kleinen Röschen öffnen sich übrigens schon im April, blühen also einen vollen Monat früher als alle anderen Rosen. Zum Blütenreigen gehören auch Clematis und Päonien, die später von Taglilien abgelöst werden.
AUFTAKT MIT KAMELIEN
Bereits im Januar entfaltet die dunkelrote Kameliensorte ‚Saturnia‘ ihre ersten formvollendeten Blüten. Kamelienbäumchen in Töpfen stehen beim Eingang Spalier, geschützt vom Dach des Auto-Unterstandes. Ivàn Ruperti ist begeistert, wie die im Herbst gebildeten Knospen anschwellen und sich dann die farbigen Blütenblätter entfalten. Im Gegensatz zu Rosen müssen Kamelien weder mit giftigen Insektiziden noch mit Mitteln zur Bekämpfung von Krankheiten gespritzt werden. Dank ihrer gesunden, dunkelgrünen Blätter bilden sie auch ausserhalb ihrer Blütezeit eine Gartenzier.
Zwei Sorten der von Spätherbst bis Ende Winter blühenden Camellia sasanqua sowie mehrere im Vorfrühling blühende Exemplare bevölkern den Garten. Diese Empfangs-Parade pflanzte der Gartengestalter in grosse blaue Töpfe. Nur den zentralen Trieb liess er stehen, die seitlichen Verästelungen entfernte er fortlaufend. So entstanden zuletzt Stämmchen mit kleinen Baumkronen. Nun lassen sich die Blüten auf Augenhöhe bewundern. Rund um die Stämme steckte er für die Frühlingsblüte verschiedene Blumenzwiebeln in die Töpfe. Diese müssen Ende Mai dem einjährigen Sommerflor Platz machen.
GARTENRÄUME AUF DÄCHERN
Ivàn Ruperti scheute keinen Aufwand, um – zusätzlich zum Teich- und Blumengarten im Erdgeschoss – auf dem Dach des Auto-Unterstandes ein weiteres Gartenzimmer zu errichten. Für den direkten Zugang liess er eine Türe einbauen. Das öde Kiesdach verwandelte er in einen gemütlichen Gartensitzplatz. Eine blaue Sitzgruppe lädt unter dem Glyzinenhimmel zum Verweilen ein. In Kübeln erfreuen Cornus rubra, Oleander, Rhododendren oder Lilien.
Um das Flachdach des Hauses zugänglich zu machen, liess Ivan Ruperti sogar eine Aussentreppe aus Metall erstellen. Das Dach über der zweiten Etage wurde mit einem geeigneten Belag versehen und mit einem Geländer gesichert. Darüber erhebt sich ein selbst entworfenes, filigranes Klettergerüst. Es wird von schattenspendenden Weinreben berankt, die aus allen vier Ecken wachsen. Neben vier verschiedenen Traubensorten gedeihen in Kübeln Brom- und Loganbeeren zum Beranken der Geländer.
NUTZGARTEN IN DER HÖHE
Gegen den Nordwind schützt eine hölzerne Spalierwand – ein idealer Platz für die aufrecht wachsenden Ruten zweier Himbeer-Sorten: die eine fruchtet früh und rot, die andere spät und gelb. In weiteren Gefässen wachsen je ein Busch mit grünen Stachel-, roten Johannis- und blauen amerikanischen Heidelbeeren. Am meisten freut sich Ivàn Ruperti auf eigene Pfirsiche, Aprikosen, Kirschen und Birnen von den Zwerg-Obstbäumen.
Er hat auch ausdauernde Artischocken, Salate und einjähriges Gemüse wie Bohnen, Karotten, Gurken, Tomaten und Melonen angepflanzt. Ivàn Ruperti fühlt sich als stolzer Landwirt «en miniature». Eine automatische Bewässerung reduziert den Pflegeaufwand. In luftiger Höhe ist es möglich, in einer Hängematte die Aussicht zu geniessen und aus Topfkultur eigene Früchte und Gemüse zu ernten.
Umgezogen: Die hier gezeigten Aufnahmen sind im April vergangenen Jahres entstanden. Da ihm in Gravesano inzwischen ein grosser Wohnblock «vor die Nase» gebaut wurde, ist Ivàn Ruperti nach Caslano umgezogen, wo er bereits wieder einen neuen Garten gestaltet.
Elsi Wepf (Text und Bilder)