Rhododendron, der „Rosen-Baum“

Wissenswertes über seine vielen erfreulichen Eigenschaften, aber auch über gewisse Probleme: Aus dem griechischen Wort für Rose „rhodos“ und dem Wort für Baum „dendron“ entstand der botanische Begriff „Rhododendron“. Er umfasst über 1000 verschiedene Arten. Die meisten davon sind in Asien heimisch, einige wenige in Nordamerika und Europa. In Südamerika und Afrika fehlen sie dagegen völlig.

Trotz ihres Namens bilden Rhododendren normalerweise keine Bäume sondern Büsche. In den Gärten nördlich der Alpen finden sich meist Exemplaren von 1 – 2 Metern Höhe. Hier im Tessin gedeihen bis zu 5 – 6 m hohe Büsche. Durch Wegschneiden der Seitenäste entstehen auch eigentliche Bäume mit nur einem Stamm. Dafür sind „Rh. arboreum“ und „Rh. falconieri“ besonders geeignet. Exemplare bis zu  12 – 15 m kann man in englischen Pärken bewundern. In ihrer ursprünglichen Heimat können Rhododendren sogar bis zu 30 m hoch werden.

Zu dem in der Schweiz wild vorkommenden „Rhododendron ferrugineum“ (bekannt als „Alpenrose“) haben sich im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte in unseren Gärten immer mehr neue Arten zugesellt. Die Einwanderer stammen in erster Linie aus dem Fernen Osten. Besonders viele Arten gedeihen dort wild an den Hängen des Himalaya bis zu einer Höhe von 5000 m. „Rh. ponticum“ ist offiziell die Nationalblume von Kaschmir, „Rh. arboreum“ diejenige von Nepal und „Rh. niveum“ der indischen Provinz Sikkim. Ferner sind viele andere Rhododendren-Arten auch in Südchina, Korea, Japan und Taiwan heimisch.

Auf der Gebirgskette der Appalachen dominiert der „Rh. catawbiense“. Er ist auf der Flagge von West Virginia als Staatsblume abgebildet. In Europa sind diese grossen, violett blühenden Büsche vor allem in alten Parkanlagen zu finden. Nach der Überquerung des Atlantischen Ozeans ist der „Rh. catawbiens“ zuerst in Grossbritannien heimisch geworden. Viele ländliche Strassen sind dort in Frühling durch die blühenden Hecken dieser üppig wachsenden Art geschmückt.

Entlang der Westküste von Irland und Schottland finden sich ganze Wälder mit verwilderten Rhododendron-Arten, z.B. „Rh. ponticum“, die als invasive Neophyten eine Gefahr für die Artenvielfalt darstellen und das einheimische Unterholz verdrängen. Auch auf Wiesen können sich Rhododendren unbehindert ausbreiten, denn sie werden als giftige Pflanzen von den weidenden Tieren umgangen. Damit die Wiesen erhalten bleiben, müssen stellenweise die lästig wuchernden Büsche entfernt werden, obwohl sie uns so schön erscheinen. Das ist keineswegs einfach, denn aus verbleibenden Wurzelteilen bilden sich bald wieder neue Pflanzen. Deshalb müssen oft sogar chemische Mittel zur Bekämpfung eingesetzt werden.

Ungeachtet ihrer Giftigkeit sind Rhododendren sehr beliebte Gartengewächse. Dabei ist zu erwähnen, dass viele andere, häufig verwendete Garten- und Zimmerpflanzen wesentlich toxischer sind, beispielsweise Goldregen (Laburnum), Taxus, Oleander, Brugmansia (früher als Datura bekannt) usw. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass bei vielen Rhododendren das giftige Grayanotoxin nicht nur in den Blättern, sondern auch im Nektar und im Pollen sitzt. Es sind bei Menschen Vergiftungen durch übermässigen Genuss des Honigs aus dem Nektar der rostblättrigen Alpenrose „Rh. ferrugineum“ bekannt geworden. Auch bei Weidetieren sind Vergiftungen aufgetreten. Insbesondere für Pferde sind Rhododendren gefährlich. Nach dem Verzehr von Blättern können sie in wenigen Stunden umkommen. Allerdings wird Rhododendron von Pferden gemieden, solange sie andere Futterquellen haben.

Im Zusammenhang mit den heimischen Alpenrosen ist übrigens dringend abzuraten, sie aus dem Gebirge „mitzunehmen“. Nicht nur sind diese Pflanzen naturgeschützt, sie können auch bei bester Pflege in tiefer liegenden Gärten selten überleben.

Alle Rhododendren-Arten wurzeln sehr flach. Sie haben einen Ballen aus lauter feinen Wurzeln. So lassen sie sich auch in grösseren Exemplaren problemlos verpflanzen. Sofern sie mit der Zeit zu sehr wuchern, können sie ruhig stark zurückgeschnitten werden und treiben dann wieder aus. In geeignete (saure) Erde gepflanzt sind Rhododendren nicht nur im Gartenbeet, sondern auch als Topfpflanzen empfehlenswert.

Im Laufe der Zeit entstanden aus Kreuzungen verschiedener Arten eine riesige Zahl sogenannte „sports“. Es handelt sich dabei um spontan auftretende, neue Farben und Formen. Erfreulich scheinende Eigenschaften lassen sich durch vegetative Vermehrung erhalten.

Über 28 000 benannter Hybriden hat die englische Royal Horticultural Society in ihrem „International Rhododendron Registry“ aufgelistet.

Die meisten Arten der „Rosenbäume“ sind immergrün. Sie bilden deshalb im
Gegensatz zu den eigentlichen Rosen auch im Winter eine Zier im Garten. Die Farbenvielfalt der Rhododendren-Blüten ist enorm und umfasst – im Gegensatz zu Rosen – auch Blau. Dies findet sich in verschiedenen Tönungen speziell bei den Unterarten der aus China stammenden „Rh. augustoni“.

Die meisten Menschen lieben Rosen, was auch für zahllose Insekten gilt. Viele davon haben sie geradezu „zum Fressen gern“. Ohne regelmässige Giftspritzungen bleibt deshalb ein Rosengarten meist recht unansehnlich. Anders ist die Situation beim Rhododendron, der sich mit den ihm innewohnenden Abwehrstoffen nicht nur – wie schon erwähnt – vor Weidetieren, sondern auch vor fressgierigen Insekten selber zu schützen weiss.

Als Schädling kann jedoch gelegentlich der gegenüber diesen Abwehrstoffen unempfindliche Dickmaulrüssler (Curculionidae) auftreten, der nachts runde Löcher in die Blätter frisst. Das sieht nicht schön aus, ist aber noch relativ harmlos. Wirklich gefährlich sind dessen Larven, die an den feinen Wurzeln nagen. Das geht so lange bis man die vom Wurzelballen weitgehend befreite und zum Tode verurteilte Pflanze leicht von Hand aus der Erde ziehen kann.

Früher gab es wirksame chemische Abwehrmittel, die aber wegen ihrer allzu grossen Giftigkeit aus dem Verkehr gezogen werden mussten. Bekämpfen kann man den Dickmaulrüssler wenn man sich nachts in den Garten begibt und durch Schütteln der Zweige die an der Unterseite der Blätter fressenden Käfer in einem bereitgehaltenen Gefäss auffängt. Da aber jeder einzelne Käfer bis zu 1000 Eier an dem Wurzelhals der Wirtspflanze ablegt, ist diese Methode nicht nur umständlich, sondern auch nur beschränkt wirksam. Man wird ja sicher nicht aller Käfer fangen können.

Ebenfalls beschränkt wirksam ist die biologische Bekämpfung mit Nematoden (Fadenwurm) der Gattung Heterorhabditis, der ein Bakterium ausscheidet, das die Larven abtötet. Die im Fachhandel erhältlichen Nematoden sind recht teuer. Sie können auch nur zu gewissen Zeiten und bei der richtigen Bodentemperatur erfolgreich eingesetzt werden. Nun hat unlängst die Firma Maag ein spezielles Produkt zur Bekämpfung der Käfer und auch der Larven des Dickmaulrüsslers zu einem erschwinglichen Preis auf den Markt gebracht. Es heisst „Marshal“ und ist, als Giessmittel angewendet, auch zur Vernichtung von Engerlingen geeignet.

Was den Duft betrifft, so sind in dieser Beziehung die Rosen den Rhododendren überlegen, die meist keinen oder nur einen schwachen Duft aufweisen. Allerdings gibt es bemerkenswerte Ausnahmen, so den „Rh. luteum“, dessen intensiver Wohlgeruch auch aus Entfernung spürbar ist und einen ganzen Garten verzaubern kann. Der „Rh. luteum“ ist zudem dank seinen üppigen, gelben Blüten empfehlenswert. Er gehört zur Unterart Azaleen, ist laubabwerfend und – auch dies für Rhododendren ungewöhnlich – bevorzugt einen sonnigen Standort.

Oft sind die meist in dichten Dolden erscheinenden Blüten der Rhododendren zweifarbig. Helle Blüten sind vielfach im Schlund mit farbigen Flecken geziert. Aus Japan stammen der unvergleichlich schöne „Rh. yakushimanum“, von dem seit nicht allzu langer Zeit mehrere Sorten auch bei uns erhältlich sind. Seine dichten Dolden fallen auf durch deutlich verschiedene Farben unter den darin gemischten Blüten. Die Knospen können beispielsweise rot sein, während offene Blüten rosa und ältere bereits weiss geworden sind. Die Blätter von „Rh. yakushimanum“ haben eine Unterseite mit silberweisser oder gelber, filziger Behaarung. Diese Rhododendren Art wird nicht besonders gross und ist äusserst empfehlenswert.

Infolge ihrer unterschiedlichen Herkunft unterscheiden sich die Rhododendren in Bezug auf ihre Winterhärte, wobei sich nur der kleinere Teil für die klimatischen Bedingungen nördlich der Alpen als geeignet erweist. Aber selbst von diesen steht Liebhabern der schönen Pflanzen eine riesige Auswahl zur Verfügung.

Eine interessante Eigenschaft der Rhododendren besteht darin, dass sie – anders als die meisten übrigen Pflanzen – die Nährstoffe nicht nur über feine Haarwurzeln an den Wurzelspitzen aufnehmen, sondern über ihren gesamten Wurzelballen. Er besteht nämlich ausschliesslich aus feinen Haarwurzeln. Das Fehlen von langen Pfahlwurzeln oder eines auswuchernden Wurzelsystems ermöglicht es, sogar grosse Exemplare problemlos zu verpflanzen.

Dank dem kompakt bleibenden Wurzelballen sind Rhododendren auch ideale Kübelpflanzen. Wird nicht regelmässig gegossen, trocknen allerdings die feinen Wurzeln leicht aus, wogegen sie bei ständiger Nässe zu faulen beginnen. Es ist ratsam, die dicht unter der Erdoberfläche befindlichen Wurzeln mit einer Schicht gehackter Rinde (sogenanntem „Mulch“) abzudecken. Damit sind sie vor zu schnellem Austrocknen geschützt. Auch das Auftreten von Unkraut wird weitgehend unterbunden und das Beet sieht schöner aus. Im Laufe der Zeit zersetzt sich die Mulch-Schicht und bildet einen wertvollen Kompost.

Die meisten Rhododendren-Arten sind auf saure Böden angewiesen. Die Erde sollte einen Gehalt zwischen 4,5 und 5,5 Ph aufweisen. Als neutral gelten Böden mit 6.8 Ph. Bei höheren Zahlen handelt es sich um kalkhaltige Böden, die fast überall in der Nordschweiz und speziell im Gebiet des Jura anzutreffen sind. In den dortigen Gärten sollten-deshalb Rhododendren am besten in speziellen Beeten mit sogenannter Moor-Erde gepflanzt werden, was allerdings etwas umständlich ist. (Der Begriff Moor-Erde ist für saure Erde gültig, und darf nicht mit nasser Erde missverstanden werden). Diese für Rhododendren idealen Böden sind in Mooren im Laufe der Zeit durch immer wieder neue Lagen von absterbenden Pflanzen entstanden. So kann sich über einer kalkhaltigen Unterlage gelegentlich auch eine Schicht von saurer Komposterde bilden. Ein solches Beispiel ist der vielbesuchte Rhododendren-Park im Seleger Moor bei Rifferswil / ZH.

Leitungswasser kann für das Bewässern von Rhododendren problematisch werden, besonders falls es kalkhaltig ist. Dabei erhöht sich das Ph der Erde, die sich mit dem für diese Pflanzen so schädlichem Kalk anreichert. Ideal ist dagegen – falls die Möglichkeit besteht – aufgefangenes, kalkfreies Regenwasser, oder Wasser aus einem Gartenteich zu benützen. Solches Wasser bietet auch einen weiteren Vorteil: es hat die gleiche Temperatur wie die Umgebung der Pflanzen, während das Leitungswasser meist kälter ist. Zudem ist die Vernichtung der Keime durch Chlorbeigaben im Leitungswasser für uns Menschen und auch für Tiere kaum bemerkbar, wird jedoch von Pflanzen keineswegs geschätzt.

Die zarten Rhododendren-Wurzeln benötigen einen lockeren, durchlüfteten Boden, der die Feuchtigkeit gut speichern kann. Er darf aber nicht richtig nass sein. Bei zu feuchtem oder alkalischem (kalkhaltigem) Untergrund empfiehlt es sich, die Rhododendren in ein erhöhtes, mit einer speziellen (sauren) Kompostmischung gefülltes Beet zu pflanzen.

Die meisten Arten stammen aus Waldgebieten und bevorzugen daher halbschattige, zumindest aber vor der heissen Mittagssonne und vor starkem Wind geschützte Plätze. Bevor im Frühling die überreiche Blüte ganz beendet ist, treiben schon die neuen Triebe kräftig aus. Dabei wird fast jede Blütendolde von einigen der frischgrünen Sprossen umrahmt. Damit sich diese ganz ungehindert entwickeln können, ist es von Vorteil, die dazwischen verbliebenen Blütendolden auszubrechen. Indem man die Pflanzen von den braun gewordenen, verwelkten Blüten befreit, verleiht man ihnen zudem ein schöneres Aussehen. Solche Pflegemassnahmen sind allerdings nicht unbedingt nötig. Bei grösseren Büschen wird man sich diesen Arbeitsaufwand meistens ersparen.

Es ist wichtig zu wissen, dass Rhododendren im Laufe des Jahres nur eine kurz, dafür aber sehr intensive Vegetationsperiode haben. Diese bleibt auf die Zeit kurz vor und kurz nach der Blüte beschränkt. Nach dem starken Austrieb lässt sich nur noch ein langsames Wachstum mit einer allmählichen Knospenbildung für das kommende Jahr beobachten. Es ist deshalb nicht nur möglich, sondern sogar empfehlenswert, Rhododendren während ihrer Blütezeit zu versetzen, weil sie sich unmittelbar anschliessend kräftig entwickeln und deshalb besonders gut anwachsen. Im Gegensatz zu anderen Gartenpflanzen kann man die Rhododendren in ihrer schönsten Blütezeit beim Gärtner auswählen und gleich mitnehmen.

Die meisten Gartenpflanzen sollte man dagegen ausserhalb ihrer Blütezeiten versetzen. Bei der Auswahl in der Gärtnerei ist man deshalb auf Beschreibungen oder Abbildungen angewiesen. Leider entsprechen die Farbbilder, besonders in den Versandkatalogen, der Wahrheit oft nur wenig. Mit dem Computer ist es ja heute sehr einfach, die Farben und sogar die Formen der fotografierten Blumen zu verändern und zu „verschönern“. Will man ganz sicher gehen, so ist man darauf angewiesen, blühende Containerpflanzen auszuwählen, diese zuhause in ihrem Topf so lange zu pflegen, bis sie vollständig abgeblüht sind und dann erst zu pflanzen.

Bei den in voller Blüte ausgewählten Rhododendren sollte man jedoch die Willenskraft haben, auf das erste Blütenwunder zu verzichte. Man bricht beim Einpflanzen alle Dolden aus, damit sich die jungen Triebe gleich frei entwickeln können. Falls mehrere Rhododendren gekauft werden, ist es jedoch ratsam, wenigstens eine der Dolden stehen zu lassen, um Verwechslungen bei der geplanten Anordnung zu vermeiden.

 

Von Ivàn Ruperti geschrieben im Jahre 2012