Die größte Magnoliensammlung der Welt.

Die Erkundungen für die Programme von Gartenreisen machte ich teils alleine, teils mit befreundeten Personen, die später die Gruppen geführt haben. Die  Beschreibungen der Reisen, die im Jahre danach veranstaltet wurden, habe ich dann stets selber verfasst. Offenbar ist mir gelungen, die vorgesehenen Besuchsprogramme so verlockend darzustellen, dass sich jeweils viele Teilnehmer/innen anmeldeten. Oft waren es sogar mehr als in den zum Voraus reservierten Hotelzimmern Platz gehabt hätten. Dann wurde die Reise im darauflegenden Jahr wiederholt.

Leider hatte ich es nicht für nötig gefunden, all die vielen Beschreibungen der geplanten Gartenreisen aufzubewahren. Nun freut es mich, dass eine ehemalige Reise-Teilnehmerin mir ermöglicht, das von ihr aufbewahrte Programm nachfolgend zu kopieren. Vielleicht kann dies als Basis für eine private Reise zum Lago Maggiore dienen.

Die grösste Magnoliensammlung der Welt und weitere Blütenpracht im  Tessin!  Eine schönere Ouvertüre zur Gartensaison kann man sich in der Schweiz kaum vorstellen!

Die Frühlingsreise zum Lago Maggiore begleitet Andrea Branca, imTessin tätiger Landschaftsarchitekt. Neben den jetzt prächtig blühenden Magnolien (Magnolia soulangea) werden bei dieser Reise noch viele der spät blühenden Kameliensorten erfreuen, aber auch schon mehrere, früh blühende Rhododendren.

Clou dieser Reise: Der Gartenmeister Otto Eisenhut wurde im Jahre 2006 von der englischen Royal Horticultural Society prämiert für die „grösste Magnoliensammlung der Welt“, die er in seinem Schaugarten über San Nazzaro angelegt hat. Wir haben das Glück, dieses Gartenjuwel bei uns in der Schweiz bestaunen zu können.

Im Botanischen Garten der Brissago-Insel entdecken wir Pflanzen, die sonst an keinem anderen Ort der Schweiz im Freien wachsen. Auf der Isola Madre stellt sich die Frage, ob der riesige, vom Sturm umgeworfene und dann wieder aufgerichtete „schönste Baum von Europa“ überleben wird.

Dank persönlichen Beziehungen des Reiseleiters können wir auch herrliche Privatgärten besuchen, deren Tore normalerweise für fremde Personen verschlossen bleiben. Diese vielseitige Frühlingsreise wird jeden Garten-und Pflanzenfreund mit unvergesslichen Eindrücken bereichern.

27. März 2008: Individuelle Anreise nach Bellinzona. Castello Sasso Corbaro, Villa dei Cedri und Privatgarten in Bellinzona

Zuerst fahren wir hinauf zum Castello Sasso Corbaro. Es ist die kleinste und am höchsten gelegene der drei Schlossburgen, die von der UNESCO zum kulturellen Welterbe ernannt worden sind. Die ganze Burg ist in vorbildlicher Weise restauriert worden. Hier geniesst man eine prächtige Aussicht weit über die Magadino-Ebene bis hin zum Lago Maggiore.

Anschliessend fahren wir nach Bellinzona zurück. In manchen der zu historischen Villen gehörenden Gärten blühen prächtige Magnolienbäume. Zwei besonders schöne und grosse Exemplare bewundern wir im Garten der Villa dei Cedri: direkt nebeneinander stehen ein weiss und ein rosa blühender Baum. Die Ende des 19. Jahrhunderts erbaute, ehemalige Patriziervilla dient heute für Kunstausstellungen.

Der umfangreiche Garten enthält unter anderem auch stattliche Exemplare der aus den südlichen Staaten der U.S.A. stammenden, immergrünen Magnolie (Magnolia grandiflora), die aber erst im Sommer blüht. Besonders bemerkenswert ist die Gruppe der riesigen, rotlaubigen Buchen (Fagus atropurpurea pendula), deren malerisches Gewirr von Zweigen jetzt – vor dem Laubaustrieb – besonders gut zur Geltung kommt. Auch ein kleiner Bambuswald wächst in diesem Garten und mehrere Meter hohe Kamelien-Büsche umrahmen einen Brunnen.

Auf der Weiterfahrt machen wir am Rande von Bellinzona einen Zwischenhalt, um in einem privaten Garten einen ganz besonders grossen, überreich blühenden Magnolienbaum zu bestaunen.

28. März 2008: Parco Botanico Gambarogno, zwei Privatgärten in Ascona und Collegio Papio

Wir fahren auf die andere Seite des Lago Maggiore, nach San Nazzaro. In dem von Otto Eisenhut angelegten und nun dem Staat übergebenen „Parco Botanico Gambarogno“ besichtigen wir die grösste Magnoliensammlung der Welt. Sie umfasst über 300 verschiedene Arten, von denen viele jetzt blühen. Darunter finden sich buschförmige Magnolien – sowie hohe Magnolien-Bäume. Besonders die seltenen Sorten – mit auffallend grossem, gelbem Blütenschmuck – bedeuten für viele Besucher eine erstaunliche Entdeckung.

Nach der ausführlichen Besichtigung fahren wir nach Locarno zurück und von dort weiter nach Ascona. Hier machen wir eine längere Pause, sei es für Einkäufe, oder zum Spazieren am Seeufer und für ein Mittagessen. Am Nachmittag besuchen wir im Zentrum von Ascona zwei private Gärten. Sie sind von Wohnblöcken umschlossen und lassen nichts ahnende Touristen kaum vermuten, was für Gartenjuwelen hier versteckt sind. Normalerweise bleiben diese Gartenparadiese für fremde Besucher verschlossen.

Die vom Grossvater des heutigen Besitzers erbaute Jugendstilvilla hat einen erstaunlichen, 5000 Quadratmeter grossen Garten. Trotz seiner zentralen Lage kann man am geschmiedeten Gartentor einzig die grosse, immergrüne Magnolie erblicken. Sie muss alle paar Jahre radikal gestutzt werden, sonst würde sie allzu weit über die Strasse hinauswachsen. In diesem Garten bestaunen wir neben anderen bemerkenswerten Gewächsen auch zwei „grüne Hügel“. Es sind vermutlich die gewaltigsten Rhododendren der ganzen Schweiz.

Einen völlig anderen Charakter hat der einst auch zu dieser Villa gehörende Gartenteil. Er wurde später mit einer Mauer abgetrennt und diente der kommerziellen Gemüsezucht. Eine heute hoch betagte Dame übernahm später das Grundstück und ergab sich ihrer Leidenschaft: Sie pflanzte jede neu erhältliche Kameliensorte in die ehemaligen, von Granit eingefassten Gemüsebeete. Daraus entstand der heute fast wild anmutende Kamelienwald. Einen grösseren Gegensatz zu dem von uns vorher besuchten, aufwändig gepflegten, auf der anderen Seite der Mauer gelegenen Park, kann man sich kaum vorstellen.

Zuletzt besichtigen wir noch im nahe gelegenen, historischen Collegio Papio den Gartenhof mit den hier im Freien wachsenden Bananen. In der daneben liegenden Klosterkirche bewundern wir einen der schönsten Altäre im Tessin.

29. März 2008: Tagesausflug nach Italien: Privatgarten in Oggebbio, Privatgarten in Pallanza, Isola Madre und Villa Taranto

In Oggebbio über dem Lago Maggiore besuchen wir die Villa des Präsidenten der italienischen Kameliengesellschaft: Andrea Corneo hat vor wenigen Jahren sein Studium der Botanik an der Universität von Mailand abgeschlossen. Seine Dissertation über die Kamelien wurde als die beste Doktorarbeit des Jahres ausgezeichnet.

Vor mehr als hundert Jahren hat sein Vorfahre – ein offenbar ebenso begeisterter Botaniker – in der vor winterlichen Winden geschützten, steil zum Lago Maggiore abfallenden Schlucht mit der Anpflanzung von Kamelien begonnen. Im heutigen Kamelienwald finden sich Bäume antiker Sorten, die es nur noch hier gibt. Sie werden vom gegenwärtigen Besitzer fortlaufend durch hervorragende, modernen Züchtungen ergänzt.

Dank einer Spezialerlaubnis, können wir in Pallanza einen weiteren Privatgarten besuchen. Die palastartigen Sommerresidenz der Familie Rusconi-Clerici verfügt über den schönsten aller Gärten, die direkt am Ufer des Lago Maggiore liegen.

Von hier aus öffnet sich ein verheissungsvoller Blick auf unser nächstes Ziel, die Isola Madre. Nach einem kleinen Spaziergang entlang dem Seeufer gelangen wir zur Schiffsstation. Eine kurze Fahrt bringt uns zur grössten der heute noch im Besitz der Adelsfamilie Borromeo befindlichen Inseln. Hier erwartet uns das Mittagsessen im sogenannten Piraten-Restaurant, am Landeplatz für Jachten.

Die berühmte, vor Stresa liegende Isola Bella wird von touristischen Heerscharen heimgesucht. Gartenfreunde bevorzugen jedoch die Isola Madre mit ihrem botanische Park. Ein Sturmwind hat im Jahre 2006 einen Teil der Anlage stark beschädigt. Auf der den Winden ausgesetzten Nordseite der Insel wurden mehr als 200 Bäume in der Mitte geknickt oder sogar entwurzelt.

Vollständig umgeworfen wurde auch die weltberühmte, vor dem historischen Palast wachsende Kaschmir-Zypresse (Cupressus cashmeriana Glauca). Diese sehr spezielle Konifere mit ihren bläulich belaubten, herabhängenden Zweigen ist selbst in ihrer nordindischen Heimat selten. Für Dendrologen war der Baum auf der Isola Madre mit seinem Stammesumfang von acht Metern eine Pilgerstätte. Sie nannten ihn „the most beautiful tree in Europe“.

Nach dem Unwetter mussten zahlreiche seiner gebrochenen Äste sauber abgesägt werden. Drei Baukrane wurden in Teilstücken von Hubschraubern auf die Insel gebracht und dort zusammengesetzt. Mit ihrer Hilfe wurde der Riese sorgfältig aufgerichtet und rundum mit dicken Stahlseilen fest verankert. Bei unserer Reise werden wir feststellen, ob noch Hoffnung besteht, dass dieses würdevolle Prachtexemplar dank all der Bemühungen überleben kann.

Auf der unbeschädigt gebliebenen, sonnigen Seite der Insel sehen wir verschiedene Zitrus-Arten, die im Frühling mit reifen Früchten voll behangen sind. Selbst die Kumquats überwintern hier problemlos im Freien.

Unter verschiedenen Palmenarten und anderen seltenen Bäumen begegnen wir in diesem Paradiesgarten zahlreichen, frei lebenden Pfauen und Fasanen in verschiedenen Arten. Sie zeigen kaum Scheu vor Menschen.

Sehr reizvoll ist der im 16. Jh. erbaute Insel-Palast. Er ist vollständig mit authentischen Möbeln eingerichtet. Besonders sehenswert sind grössere und kleinere Marionettenbühnen, ausgestattet mit den dazugehörigen Puppen. Sie dienten einst zur Unterhaltung der Fürstenkinder.

Der letzte Besuch dieses Tages gilt dem ausgedehnten, berühmten Garten der Villa Taranto. Hier ist ein grosses Teilstück ausschliesslich verschiedenen Arten von Magnolien gewidmet.

In einer langen Kamelien-Allee blühen zur Zeit unserer Reise noch viele der mehrere Meter hohen Sträucher. Ausserdem zeigen uns schon ein Teil der zahllosen, sorgfältig mit Namensschildern bezeichneten Rhododendren die ersten Blüten.

30. März 2008: Park Castello Bernese, Fattoria Amorosa.

Unser letzter Gartenbesuch gilt dem Park, der zu einer Villa gehört, die ein Palmen-Liebhaber aus der deutschen Schweiz im eklektischen Stil erbauen liess. Das seltsame Gebäude wurde von den Einheimischen „Castello Bernese“ getauft.

Andrea Branca hat den Wettbewerb zur Renovation der in öffentlichen Besitz übergegangenen Anlage gewonnen. Obwohl er nicht weniger als 145 grosse Palmen (Trachycarpus fortunei) entfernen und durch hier weniger banal wirkende Gewächse ersetzen liess, erscheint der Stadtpark von Orselina auch heute noch fast überreich an Palmen.

Die Weiterfahrt nach Bellinzona unterbrechen wir bei der Fattoria Amorosa in schöner Aussichtslage. Unter uns breitet sich ein grosser Olivenhain. Olivenöl ist aber eher ein nebensächliches Vorzeigeprodukt dieses landwirtschaftlichen Betriebes, der vor allem Rebberge in bester Lage umfasst.

Die Fattoria Amorosa widmet sich auch dem sogenannten „Agroturismo“, vermietet einige Zimmer und serviert auf Bestellung Mahlzeiten, die hauptsächlich auf eigenen Erzeugnissen basieren. Unser Abschieds-Mitagessen wird selbstverständlich von eigenen Weinen begleitet.

Am Bahnhof von Bellinzona verabschiedet sich Andrea Branca von seinen Gästen.

 

(Diese erfolgreiche Reise wurde Ende März 2009 mit leichten Änderungen wiederholt).